Der Zauberkasten

Der Zauberkasten: Ein 3D-Drucker hat die Karosserie eines Kässbohrer-Busses ausgedruckt.

Den gesuchten Modellbus ganz einfach selbst zuhause ausdrucken? Klingt nach Zauberei, ist es aber nicht. Man braucht keinen Zauberkasten, sondern nur einen 3D-Drucker.

Am Anfang des Druckens ist noch kein Bus zu erkennen...

Aufgrund der rasanten Entwicklung bei 3D-Druckern, 3D-Scannern und 3D-Software war es für Michael Sorkin nur eine Frage der Zeit, bis die 3D-Drucktechnik auch den Hobbybereich erreichen würde. „3D-Drucker werden immer günstiger und leichter zu bedienen“, so Michael Sorkin von iGo3D. Im Jahr 2013 eröffnete Sorkin neben der Onlineplattform iGo3D auch das erste Fachgeschäft für 3D-Druck. Seit Mitte der Achtziger gibt es die Technik, die Gegenstände im wahrsten Sinne des Wortes dreidimensional ausdruckt. Was früher der Industrie für Prototypen und einzelne Bauteile vorbehalten war, erobert nun private Haushalte. Nicht viel größer als ein Laserdrucker und in der Bedienung genau so einfach.

...was sich aber Millimeter für Millimeter ändert.

Doch die Sache hat einen Haken: Um einen Modellbus mit einem 3D-Drucker herzustellen, benötigt man einen digitalen Datensatz. Diesen kann man selbst am Computer erstellen, einfacher ist es jedoch mit einer Vorlage. Datensätze von Modellbussen gibt es teilweise zum kostenlosen Download in 3D-Druck-Communities im Internet. Zahlreiche gewerbliche Anbieter wie beispielsweise Shapeways, Thingiverse, Trinckle oder TurboSquid haben historische und moderne Omnibusse bis hin zu ganz aktuellen Fahrzeugen (wie beispielsweise die Baureihe 500 von Setra im Frühjahr 2014) zum Herunterladen und Ausdrucken im Angebot.

Spätestens nach einigen Stunden ist schon ein Kässbohrer-Bus zu erkennen.

Mit steigender Verbreitung von 3D-Druckern wird es Datensätze sehr wahrscheinlich nicht mehr immer kostenlos geben. Auch das Thema Urheberrecht, Marken- und Musterschutz rückt in den Mittelpunkt der Diskussion. Wer stundenlang an einem Datensatz gearbeitet hat, der möchte auch einen entsprechenden Lohn seine Arbeit. Veit Kornberger von VK-Modelle: „Wenn die CAD-Arbeiten abgeschlossen sind, dann ist der Modellbus zu Dreiviertel fertig.“ Die meiste Zeit kostet das Vermessen und Konstruieren, wie Kornberger mit Blick auf den S 12 anmerkt. So wie die Angst vor Kopien der digitalen Datensätze wächst, so wächst auch das legale Angebot. Hier haben Dienste der Musik- und Filmindustrie bereits bewiesen, dass man einen guten Service auch gern bezahlt.

Für die großzügige Verglasung im Dachbereich ist eine Stützkonstruktion beim Drucken erforderlich.

VK-Modelle stellte für diesen Artikel den digitalen Datensatz des Kässbohrer Setra S 12 zur Verfügung. Im Maßstab 1 zu 87 wird auf Knopfdruck über das Fused-Depositing-Modeling-Verfahren (FDM) so ein Modellbus ausgedruckt. „Das ist zur Zeit die populärste Druck-Technik im Hobbybereich“, so Sorkin. Wer nach dem Drücken des Startknopfes in den Zauberkasten schaut, der erkennt keinen Omnibus. Stattdessen sieht man einen Druckkopf, der statt Tinte mit einem Kunststofffaden gespeist wird. Relativ flott bewegt sich dieser über den Drucktisch des Druckers.

Je nach Datensatz lassen sich unterschiedlich Karosserieformen des Modellbusses ausdrucken.

Während sozusagen die Bodengruppe des legendären Reisebusses der 60er Jahre die Form annimmt, erklärt Michael Sorkin das Prinzip: „Kunststoff wird erhitzt und ein 0,2 Millimeter kleiner Tropfen an der entsprechenden Stelle so lange schichtweise übereinander gedruckt, bis der Modellbus fertig ist.“ Ein 3D-Drucker funktioniert im Prinzip wie eine vom Computer gesteuerte Heißklebepistole. Unter Fachleuten wird dieses Verfahren auch Schmelzschichtung genannt, weil die geschmolzene Menge durch die Düse an die Stelle tritt, die der digitale Datensatz vorgibt.

Digitale Datensätze lassen sich im Internet käuflich erwerben - oder man konstruiert selbst!

Ein Motor bewegt den Druckkopf über den Drucktisch. „Bitte nicht anfassen“, mahnt der Profi von iGo3D. „Die Betriebstemperatur des beheizten Druckkopfes beträgt rund 230 Grad.“ Schicht für Schicht entsteht die Karosserie des Modellbusses. Fast sechs Stunden dauert das Drucken des Kässbohrer Setra S12. „Mit den nächsten Schritten würde man dann den Innenraum, die Räder und weiteres Zubehör ausdrucken“, so Sorkin.

Veit Kornberger und das erste ausgedruckte Kässbohrer-Modellbus.

Der Modellbus im Maßstab 1 zu 87 ist kein Problem, allzu groß können die gedruckten Modelle nicht ausfallen: Rund 15 x 15 x 28 Zentimeter sind zur Zeit die Grenzen der Drucker aus der Hobbyklasse. Wie gut die gedruckten Modellbusse werden, hängt stark von der Vorbereitung der Daten und der eingestellten Qualität ab. Je nach Größe des Modellbusses sind auch Stützkonstruktionen notwendig, so wie beim Kässbohrer Setra S 12. Dessen Dach mit der Dachrandverglasung hätte sich ohne eine entsprechende Hilfe nicht drucken lassen. Nacharbeiten ist zur Zeit noch nötig, um einen Modellbus in der Anmutung und Qualität zu bekommen, wie ihn VK-Modelle ausliefert.

Rechtzeitig zur Spielwarenmesse 2014 ein erstes Muster - aus dem 3D-Drucker.

Veit Kornberger ist aber fest davon überzeugt, dass die 3D-Drucker die Modellbuswelt verändern werden. „Professionelle 3D-Drucker können auch schon Metall drucken“, so Kornberger. Damit lassen sich die Spritzgussformen für Modellbusse schneller, preiswerter und vor allem fehlerfrei herstellen. Und eines Tages, so glaubt der Hersteller von Modellbussen, wird man sich seinen Modellbus in der Farbe des gewünschten Verkehrsbetriebes samt Werbung, Kennzeichen und Wagennummer ganz auf Knopfdruck zuhause ausdrucken können.

Druckt nicht nur Modellbusse: Michael Sorkin von IGo3D.

„Spätestens in zehn Jahren werden die 3D-Drucker in jedem Haushalt zu finden sind, weil sich die Technik schnell entwickelt“, versichert der Inhaber von iGo3D. Wenn man sich einmal an die Entwicklung der digitalen Fotografie erinnert, wird man ihm zweifelsohne zustimmen. Das klingt irgendwie magisch, hat aber wirklich nichts mit Zauberei zu tun.

Rüdiger Schreiber

Anm.: Der Artikel ist eine überarbeitete Fassung meines Artikels aus der Fachzeitschrift BUSFahrer 01-2014

((C)Text- und Bildmaterial: modellbus.info / Schreiber)

Vielen Dank für die Unterstützung bei diesem Artikel an...

... Michel Sorkin von IGo3D

... Veit Kornberger von VK Modelle!

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