Eine Entdeckungsreise in der chinesischen Buswelt

 

 

 

 

 

Die Volksrepublik China ist mit 1,3 Milliarden Einwohnern der bevölkerungsreichste und flächenmäßig der drittgrößte Staat der Erde. Von der Hauptstadt Beijing (Peking) wird das Reich der Mitte regiert. 22 Provinzen und fünf autonome Gebiete, vier regierungsunmittelbare Städte und zwei Sonderverwaltungszonen gehören zu China. Mit der wachsenden Mobilität wächst auch die Nachfrage an Omnibussen - und das nicht nur für das eigene Land, wie modellbus.info auf einer Entdeckungsreise durch die chinesische Buswelt festgestellt hat.

 

 

 

 

 

China macht mobil modellbus.info

Tradition trifft Moderne: Fahrräder und ....

 

 

 

 

 

Der Integralspiegel ist in China oft ohne Funktion - modellbus.info

... und ein chinesischer Linienbus.

 

 

 

 

 

Linienbus in China - modellbus.info

Immer mehr Chinesen nutzen den Bus und nicht immer gibt es so viel Platz wie hier!

 

 

 

 

 

Wirtschaftsexperten erwarten für die so genannten BRIC-Staaten (Brasilien, Russland, Indien und China) in den kommenden Jahren zweistellige Wachstumsraten. Ferne Märkte sind für europäische Bushersteller also verlockender denn je, vor allem dann, wenn die Absatzzahlen in der Heimat rückläufig sind.

 

 

Trotz drohender Konkurrenz, kein namhafter europäischer Bushersteller kann es sich erlauben, nicht am chinesischen Markt aktiv zu sein. Der Grund ist einfach, denn das Busgeschäft der großen Hersteller spielt sich längst nicht mehr nur in Westeuropa ab. Geschäfte auf dem asiatischen Markt haben, in Stückzahlen gemessen, die Hälfte des Volumens des Welt-Busmarktes erreicht. In China wurden im Jahr 2011 insgesamt 160.550 Omnibusse mit einer Länge von mehr als sieben Metern gebaut. Und da müssen Iveco, MAN, Mercedes-Benz, Neoplan, Scania, Setra und Volvo natürlich präsent sein, um am Ball zu bleiben.

 

 

 

 

 

Chinas Bushersteller modellbus.info

Die Landkarte chinesischer Bushersteller - auffällig ist die ungleiche Verteilung

 

 

 

 

 

2012 haben mit Yutong und King Long gleich zwei chinesische Hersteller den sonstigen Marktführer Daimler Buses auf Platz 3 der weltweiten Buslieferungen verwiesen. Zu diesem Ergebnis kommt die Studie „Buses – Global Market Trend“ der SCI Verkehr GmbH. Das renommierte Unternehmen für Verkehrsberatung veröffentlicht auch Zahlen: Zur Nummer eins stieg demnach Yutong mit 47.474 verkauften Bussen auf, auf Platz zwei kletterte King Long mit 33.924 Fahrzeugen. Daimler Buses kam im Jahr 2012 auf 32.088 Stück. Die Ursachen für den Absturz von Daimler seien vielfältig, schreibt SCI Verkehr: So werde der Wettbewerb um die attraktiven, aber stagnierenden Schlüsselmärkte in Westeuropa deutlich schärfer, wenn gleich Daimler seine gute Position hier bislang verteidigen konnte. Auch der Rückzug aus dem nordamerikanischen Markt sowie die schwache Nachfrage in Südamerika erhöhten den Druck auf Daimler. Aufgrund der wachsenden Konkurrenz chinesischer und indischer Anbieter müssen westliche Hersteller insgesamt rückläufige Absatzzahlen hinnehmen.

 

 

 

 

 

Chinesische Bushersteller Absatzzahlen 2010 und 2012 modellbus.info

 

 

 

 

 

Unter dem TOP 10 der Bushersteller sieht SCI Verkehr drei chinesische Anbieter: Yutong (1), King Long (2) und Ankai (9). Platz 3 belegt Daimler. Die indischen Hersteller Tata Motors und Ashok Leyland nehmen die Rangs 4 und 5 ein. Platz 6 geht an MAN, gefolgt von Marcopolo auf Platz 7 und Volvo auf Platz 8. Auf dem 10. Platz sehen die Macher der Studie im Jahr 2012 Scania. Die weltweite Busnachfrage wachse weiter, wenngleich auf geringerem Niveau. Für die kommenden fünf Jahre rechne SCI Verkehr laut der Studie mit gut fünf Prozent Steigerung der Buslieferungen. Dieser Trend sei wesentlich auf die positive Dynamik in China und Indien zurückzuführen. Als Konsequenz daraus gewännen asiatische und insbesondere chinesische Bushersteller weitere Marktanteile auf Kosten der westlichen Bushersteller.

 

 

 

 

 

Busworld 2011: Vortrag über den Busmarkt in China - modellbus.info

Großes Interesse: Auf der Busworld waren Vorträge zum Busmarkt China stets gut besucht

 

 

 

 

 

Ausgehend von einem niedrigen Niveau im Jahr 2010 habe sich der weltweite Busmarkt in den Folgejahren gut erholt: Er verzeichnete ein starkes Wachstum um fast 14% auf knapp 500.000 Fahrzeuge. Die Steigerung ist vor allem auf Asien und insbesondere China und Indien zurückzuführen. Europa und Nordamerika litten unter der schwierigen wirtschaftlichen Lage und dem Auslauf von Konjunkturprogrammen, während der größte Markt in Südamerika, Brasilien, einen starken Rückgang der Nachfrage aufgrund zahlreichen antizipierten Käufen mit dem Wechsel zu strengeren Emissionsstandards im Jahr 2012 verzeichnete, so SCI Verkehr. Die stärkste Nachfrageregion Asien werde neben des hohen Wirtschaftswachstum vor allem durch die voranschreitende Urbanisierung und dem damit verbundenen Ausbau von Stadtverkehrssystemen getrieben. Insbesondere China erweitere seine Busflotte gewaltig.

 

 

 

 

 

Die Fertigung bei Young Man - modellbus.info

(Ein-)Blick in die Fertigung bei Young Man

 

 

 

 

 

Young Man baut in China ganz legal den Neoplan Starliner - modellbus.info

Young Man hat die Lizenz für den Neoplan Starliner der 1. Generation

 

 

 

 

 

Im Jahr 2012 habe China fast 30 Prozent der weltweiten Busnachfrage konzentriert und sei gleichzeitig eine der am schnellsten wachsenden Busmärkte weltweit. Auch in Indien sei die Nachfrage nach neuen Bussen mit zehn Prozent des weltweiten Absatzes hoch. Die fortgesetzte Urbanisierung, der Ausbau der Infrastruktur, die zunehmende Mobilität in ländlichen Gebieten sowie die zunehmenden Qualitätsanforderungen würden die Nachfrage nach zusätzlichen Bussen auch in den kommenden Jahren 2012-2017 mit 5,2 Prozent Wachstum pro Jahr stimulieren, prognostiziert SCI Verkehr. Die Daimler AG schafft vor diesem Hintergrund Fakten und hat mit Daimler Trucks and Buses China Ltd. eine rechtlich eigenständige Gesellschaft in China eingerichtet. Man wolle sich noch stärker auf die lokalen Kundenbedürfnisse konzentrieren und hoffe, neue Absatzfelder zu erschließen, teilt Daimler mit.

 

 

Nur wer in China etwas gibt, bekommt auch etwas zurück. Dem Ping-Pong-Prinzip müssen alle Bushersteller machtlos folgen, um überhaupt mitspielen zu können. Das chinesische Anbieter geistiges Eigentum zunächst in Ländern wie Afrika, Pakistan, Ägypten, Russland, Thailand und in der Türkei vermarkten, hat Prinzip. Für seine Exportoffensive wählen Chinesen vornehmlich Regionen, in denen Klagen wegen Verletzung geistigen Eigentums in der Praxis kaum zu befürchten sind. Die meisten Hersteller wollen nicht darüber reden, denn sie fürchten, es sich mit den chinesischen Gastgebern zu verderben. Und damit von einem boomenden Zukunftsmarkt ausgeschlossen zu werden.

 

 

Chinesische Bushersteller können ihren Partner die Spielregeln diktieren, zwingen zur Zusammenarbeit und Technologietransfer - dank der staatlichen Institute ganz legal. In China selbst sind die Chancen vor Gericht gering. Die mögliche Entschädigung ist, abgesehen von langen Rechtswegen und dem Ausschluss vom Markt, kaum den Aufwand wert. Und noch etwas ist vielleicht tröstlich: Für den Chinesen ist das Kopieren ein Ausdruck der Anerkennung und Bewunderung.

 

 

Mit Bewunderung sehen europäischer Bushersteller die Zahlen, die der Busmarkt in China hat: Das, was China in einem Jahr an Neuzulassungen meldet, schafft der Rest der Welt nur zusammen. Während die Märkte in Osteuropa und Lateinamerika aufgeholt haben und mit einem Marktvolumen von bis zu 26.000 Stück von den Zahlen des westeuropäischen Marktes nicht mehr weit entfernt sind, fahren die Chinesen auf der Überholspur.

 

 

 

 

 

Scania produziert den Touring im Werk von Higer modellbus.info

Scania produziert den Touring im Werk von Higer

 

 

 

 

 

Rausgeputzt für europäische Standards: Das Werk von Higer modellbus.info

Rausgeputzt für europäische Standards: Das Werk von Higer

 

 

 

 

 

Das europäische Bushersteller nicht erst jetzt in China aktiv sind, hat die Premiere des Scania Touring im Jahr 2009 in Kortrijk bewiesen. Seit Jahren fertigen die Schweden zusammen mit Higer für das Premiumsegment des chinesischen Busmarktes. Und wie das bei einem Ping-Pong-Spiel üblich ist, kommt auch etwas zurück. Der Scania Touring für den europäischen Markt wird in einer eigenen Produktionshalle gefertigt, um so den europäischen Ansprüchen gerecht zu werden. Ingenieure aus Schweden sind in Suzhou, im Osten Chinas nahe Shanghai, am Bau der Fahrzeuge beteiligt. Und das nicht nur, um die erforderliche Qualität der Scania-Omnibusse zu überwachen, sondern auch, um im Werk einen europäischen Produktionsstandard zu etablieren. Langfristig wollen die Schweden sich so vor allem den Absatz der Bodengruppen sichern.

 

 

 

 

 

Volvo und Sunwin - modellbus.info

Volvo ist zusammen mit Sunwin Bus am chinesischen Markt aktiv

 

 

 

 

 

Schwedische Ingenieure bei Sunwin - modellbus.info

Schwedisch-chinesische Kombination

 

 

 

 

 

Wie viele andere Bushersteller hat auch Volvo erkannt, dass Europäer einen enormen Vorsprung bei Fahrgestellen und Motoren vor den chinesischen Produkten haben. Volvo hat zwei Joint-Venture in China gegründet: Nachdem man anfangs der 90er mit Silverbus erfolgreich gestartet waren, wurde im Jahr 2000 das Unternehmen Sunwin Bus als weiteres Joint-Venture gegründet. Silverbus baut überwiegend auf der aus Schweden importierten B7R Bodengruppe im Werk in Xian, dem Ausgangspunkt der Seidenstraße. Zusätzlich werden aber auch Fahrzeuge für den chinesischen Markt auf lokalen Chassis mit Hilfe von schwedischem Technologietransfer hergestellt, einschließlich der vor Ort anwesenden und beratenden Ingenieure aus dem Hause Volvo.

 

 

 

 

 

Die Baureihe 300 in chinesischer Ausführung - modellbus.info

Der erste Ulmer in China war eine leicht modifizierte Baureihe 300

 

 

 

 

 

Ankai übertrug auch die Lackierung - modellbus.info

Ob Schwaben den Chinesen die deutsche Sprache gut beibringen können?

 

 

 

 

 

Das Daimler-Busgeschäft soll nach Aussagen von Hartmut Schick in China langfristig weiter ausgebaut werden. Bisher wurden nur 750 Fahrgestelle und Tourismo ins Reich der Mitte verkauft. Einen Lizenzpartner gibt es, nachdem man den Anteil an Yaxing Benz an den chinesischen Partner wieder verkauft hat, derzeit nicht. Nachdem die Verträge für die Zusammenarbeit mit Foton Beiqi in Peking von den Behörden für den Bau von Lkw genehmigt wurden, sollen Gespräche zum Thema Bus mit den chinesischen Kollegen in naher Zukunft geführt werden. Die Richtung ist klar: Ähnlich wie bei Lkw werden Omnibusse mit technischer Unterstützung zunächst für den einheimischen Markt und danach für den Export gebaut.

 

 

 

 

 

Ankai interpretiert den S 216 HDS - modellbus.info

Für Ankai gehört auch ein Reisebus mit Unterflurcockpit zur Baureihe 300

 

 

 

 

 

Zhongtong Caesar modellbus.info

Eine chinesische TopClass - das Fahrzeug wird von Zhongtong nicht mehr in dieser Form gefertigt

 

 

 

 

 

Chinesische Hommage an das Unterflurcockpit - modellbus.info

Ankai scheint eine Vorliebe für Unterflurcockpits zu haben

 

 

 

 

 

Auch mit dem langjährigen Partner Ankai, der Setra-Omnibusse in Lizenz fertigt, wird seitens Daimler über ein weiteres Produkt gesprochen. Setra ist seit 1993 in China am Markt, zunächst mit dem S 215 HD und seit 2002 mit dem S 315 HD. Auch hier wurden die Chinesen von deutschen Service-Ingenieuren angeleitet. Seit 2007 stehen sie aber auf eigenen Füßen. Offiziell sind knapp 2.000 Ulmer Busse in Heifei, der Hauptstadt der ostchinesischen Provinz Anhui, produziert worden. Auf den Straßen fahren aber sichtbar mehr Omnibusse mit einer Setra-Karosserie. Mit Zhongzong und der chinesischen Interpretation der TopClass Baureihe einigte man sich außergerichtlich, die kleineren Hersteller mit Teilkopien werden stillschweigend in Ulm geduldet.

 

 

Wer in China produzieren möchte, muss sich dem Diktat der Chinesen beugen. So gehorcht bis heute die marktwirtschaftliche Ordnung der autoritären politischen Führung. Und die zielt seit Beginn der 80er Jahre mit der Öffnungspolitik auf eine moderne, marktwirtschaftliche und internationale Wirtschaft - nach chinesischen Spielregeln versteht sich. Wer im Reich der Mitte produzieren will, der muss ein Joint-Venture mit einem chinesischen Partner gründen. Es gibt noch weitere Auflagen, für deren Erfüllung man im wahrsten Sinne die Karten offen legen muss. So sind beispielsweise umfangreiche technische Dokumentationen und Spezifikationen an die chinesischen Institute zu überstellen. Ein gewisser Abfluss von Know-how ist Teil der Markterschließung und von allen Busherstellern stillschweigend akzeptiert.  Nur wer sich durch Patent- und Markenanmeldungen schützt, kann etwas gegen den illegalen Technologietransfer erreichen.

 

 

 

 

 

Der aktuelle Zonda A9 - modellbus.info

Die aktuelle Version des Zonda A9

 

 

 

 

 

Sorgte für Streit: Der erste Zonda A9 - modellbus.info

Zu nah am Original - die erste Version des Zonda A9

 

 

 

 

 

So wie Neoplan, dessen Starliner im September 2004 vorgestellt wurde und schon im März 2005 in China bei Zonda vom Band lief. Dass Neoplan den Prozess vor dem mittleren Volksgericht in Peking gewonnen hat, liegt an einer solchen Patent-Anmeldung. Dass die Chinesen aber bis zum rechtskräftigen Urteil einige hundert ihrer Starliner verkauft hatten, u.a. 60 Stück nach Jordanien, ärgerte nicht nur Neoplan, sondern auch den chinesischen Lizenzpartner von MAN. Young Man hatte die Lizenz zum Bau des Starliners in China offiziell erworben und konnte den Nachbau aufgrund des günstigeren Zonda Starliners nicht mehr so leicht absetzen.

 

 

 

 

 

Yutong Linienbus mit MAN-Genen - modellbus.info

Schon die Formensprache der Frontmaske verrät, wer hier als Partner zur Seite stand

 

 

 

 

 

MAN hilft Yutong auf die Räder - modellbus.info

Auch für Reisebusse gab es die Hilfe aus München

 

 

 

 

 

MAN hat vor zwei Jahren das Joint-Venture mit der Yutong Group und damit die Produktion von MAN Buschassis für Stadt-, Überland- und Reisebusse in der Entwicklungszone Zhengzhou nach sieben Jahren aufgekündigt. Das Unternehmen namens Lion’s Bus Company entwickelt und produziert neben MAN-lizensierten Bus-Chassis auf CKD-Basis auch eigene Busfahrgestelle unter Einsatz von MAN-Motoren und -Achsen. Das Gemeinschaftsunternehmen beliefert neben Yutong auch andere Bushersteller in China. Ein aktiver Lizenznehmer ist Young Man. Verschiedene Neoplan Reise- und Stadtbusse werden gebaut. Zahlen über produzierte Fahrzeuge gab es trotz mehrfacher Nachfrage im Hause MAN nicht, die von Young Man genannten Zahlen und die auf der Straße präsenten Fahrzeuge lassen aber gute Geschäfte vermuten.

 

 

 

 

 

In Lizenz in China gebaut: Der Neoplan Starliner - modellbus.info

Young Man hat die Lizenzrechte: Der Neoplan Starliner lebt in China weiter

 

 

 

 

 

Die Formensprache von Neoplan kommt in China gut an - modellbus.info

Auch andere chinesische Hersteller zeigen Anerkennung und Lob für die Formensprache von Neoplan

 

 

 

 

 

Young Man Schlafbus - modellbus.info

Der Young Man-Schlafbus mit Betten - genau hinsehen: der Schlafbus oben ist nicht von Young Man...

 

 

 

 

 

Anders sieht es bei Irisbus aus, die zunächst sehr erfolgreich am Markt waren: Das CBC-Iveco war ein Joint-Venture, das 2001 zwischen Changzhou Changjiang Bus Group Company Limited (50%) und Iveco (50%) initialisiert wurde. Es beinhaltete die Produktion, Vertrieb und Service von Chassis, Stadtbussen und Reisebussen in China. Am Standort Changzhou in der Provinz Jiangsu bauten Mitarbeiter bis zur Trennung vom chinesischen Partner und Auflösung des Joint-Venture, stolze 15.000 CBC-Iveco Omnibusse. Über die Gründe der Trennung schweigt man beiderseits.

 

 

Insgesamt sind heute rund 80 Hersteller von Omnibussen am chinesischen Markt aktiv, die Zahl der Anbieter wächst aber stetig. Genauso wie der Bedarf. Das wird sich auch in der Zukunft nicht ändern, denn alle Experten verschiedener Beratungs- und Forschungsunternehmen sind sich einig: asiatische und insbesondere chinesische Bushersteller gewinnen weitere Marktanteile. Die „gewaltige Erweiterung der chinesischen Busflotte“ würde Asien und insbesondere China zur stärksten Nachfrageregion weltweit machen. China sei einer der am schnellsten wachsenden Busmärkte weltweit, im Jahr 2009 hätten die Chinesen rund 22 Prozent der weltweiten Busnachfrage konzentriert. Die Nachfrage nach zusätzlichen Bussen in den nächsten Jahren würde noch steigen, was sich mit der Entwicklung der Infrastruktur sowie der zunehmenden Mobilität in ländlichen Gebieten begründen ließe. Und Wachstum gibt es nicht nur im eigenen Land, sondern weltweit: Die Chinesen exportieren immer mehr Omnibusse. So stieg der Verkauf in alle Welt im letzten Jahr um stolze 42 Prozent, oder, um bei den Zahlen zu bleiben, auf insgesamt 29.117 Omnibusse. Davon waren 17.361 Omnibusse länger als sieben Meter. Und das Ende ist noch nicht erreicht. Experten gehen davon aus, dass die chinesische Busindustrie im Jahr 2015 rund 50.000 Einheiten exportieren wird.

 

 

 

 

 

Build Your Dream K9 eBus London modellbus.info

Ein BYD K9 eBus in London

 

 

 

 

 

Mehr als einen Anfang macht Foton Beiqi: Die Chinesen wollen im spanischen Pamplona eine Fläche kaufen und eine Fabrik bauen, langfristig planen die Chinesen im spanischen Werk eine jährliche Kapazität von von 1.000 Omnibusse an, die europaweit verkauft werden sollen. Der Antrieb des New Energy Bus kann vom Betreiber frei gewählt werden: Ob Hybrid-, Batterie- oder Gasantrieb, auch hier haben die Chinesen mit westlicher Hilfe in den letzten Jahren viel gelernt und ihr Angebot entsprechend erweitert. Auch BYD will seine Elektrobusse in Europa bauen, wie auf der Busworld 2013 bekannt wurde.

Sehr viele chinesische Produzenten setzen auf alternative Antriebskonzepte, weil sie wissen, dass bereits heute über dreiviertel der am stärksten verschmutzten Städte der Welt in ihrer Heimat zu finden sind. Und auch weltweit sind alternative Antriebe gefragt. Der Preis für die schnelle Motorisierung in China ist hoch, schon heute müssen 2/3 des verbrauchten Erdöls importiert werden. Und noch etwas haben sie gelernt, wie die jüngsten Aktivitäten der Chinesen zeigen. Es gibt auch einen Bedarf in anderen Ländern.

Rüdiger Schreiber

 

 

Anm.: Der Artikel ist eine überarbeitete Fassung meines Artikels aus der Fachzeitung  Omnibusrevue 06-2012

((C)Text: Rüdiger Schreiber

 (C) Bildmaterial: Ankai / Busworld / Daimler / Scania / Schreiber / Setra / Volvo /Youngman)

 

 

 

 

 

Zahlen und Buchstaben

 

 

 

 

 

JNP6127KEA – Zahlen, und zugegebenermaßen auch Buchstaben. Aber: Die Zahlen sind es, die die chinesische Buswelt beherrschen. Sie zu verstehen ist gar nicht so schwer. Symbole sind im Leben der Chinesen allgegenwärtig, sie sind sogar Teil der Kommunikation. Und weil es von den Symbolen schon so viele gibt, reichen den Chinesen für die über 160.000 Omnibusse, die im Jahr 2011 in China produziert worden sind, ganz einfach Zahlen und Buchstaben. Wer jetzt bei JNP6127KEA an schwäbische Sparsamkeit denkt, der liegt gar nicht so verkehrt. „Hinter dieser schlichten Bezeichnung steckt ein luxuriöser Omnibus mit dem Schwabenländle“, verrät Alois Schriefer. Zusammen mit Karlheinz David ist er als Neoplan-Urgestein seit drei Jahren bei Young Man in Jinhua aktiv.

 

 

 

 

 

Young Man Busauslieferung China - modellbus.info

Neue Omnibusse werden in China auch ganz feierlich ausgeliefert, wie hier bei Young Man

 

 

 

 

 

Die schwäbischen Gene sind aber schon seit über 25 Jahren auf dem chinesischen Markt. 1986 wurde unter Federführung der Auwärter-Familie ein erstes Lizenzabkommen geschlossen. Heute, im Jahr 2012 ist daraus mit dem Partner Young Man eine ganze Omnibus-Familie erwachsen. Allen voran der JNP6127KEA, ein Neoplan Starliner der 1. Generation, der seit 2004 bei Young Man in Lizenz gebaut wird. „JNP ist das Kürzel für Young Man oder genauer gesagt für J von Jinhua und N sowie P von Neoplan, erklärt Alois Schriefer. In ganzer Länge ist es die China Young Man Automobile Group Co., Ltd.. Seit 1998 baut Young Man Luxusreisebusse mit Neoplan-Lizenz. Unter den rund  4.500 Mitarbeitern gibt es über 100 ausländische Spezialisten. Sie tragen wesentlich dazu bei, den Anteil von Young Man am chinesischen und weltweiten Markt stets weiter auszubauen. Neben der Konstruktion, die Karlheinz David inne hat, kommt auch Alois Schriefer eine zentrale Rolle zu: Er kümmert sich zusammen mit seinem Kollegen Liu Zhong und einem Team von knapp zwanzig Mitarbeitern um den Export. Die vergangenen Jahre wuchs das Exportgeschäft kontinuierlich, so wurden viele Reise- und Linienbusse nach Südamerika, in den Mittleren Osten und die asiatischen Nachbarländer ausgeliefert.

 

 

 

 

 

Young Man Starliner - modellbus.info

Der Neoplan Starliner der 1. Generation heißt in China schlicht JNP6127KEA

 

 

 

 

 

Doch bevor überhaupt ein Bus gekauft und exportiert werden kann, sollte man genau wissen, was sich hinter dem Kürzel JNP6127KEA ganz genau verbirgt. „Warum die Chinesen, die ansonsten nach Perfektion und westlichen Standards streben, den Bus nicht als Starliner bezeichnen, hat mit einem staatlichen Ordnungssystem zu tun“, erklärt Schriefer. Immerhin haben es die Chinesen mit eben dieser Ordnung geschafft, im Jahr 2011 exakt 160.550 Omnibusse mit einer Länge von mehr als sieben Metern zu produzieren. Fein säuberlich aufgeteilt nach Hersteller, Länge und Bauart lässt sich Dank der Buchstaben und Zahlen jeder neue Omnibus eindeutig zuordnen.

Doch zurück zum JNP6127KEA: Die erste Ziffer hinter dem Herstellerkürzel JNP steht für die Fahrzeugart, die „6“ ist landesweit die Zahl für einen Omnibus. Die zwei mittleren Ziffern geben die Länge in Metern an, in diesem Fall ist der Bus 12 m lang. Und die letzte Ziffer ist ein Hinweis auf die Zuordnung innerhalb der Baureihe, wenn es mehrere Modelle mit identischer Länge gibt. Der letzte Buchstabe gibt abschließend Aufschluss über die Bauart bzw. den Einsatz des Busses: Das „K“ steht bei Young Man für einen Reisebus. Das „E“ und „A“ kennzeichnet verschiedene Motoren und Getriebe. Ein „G“ steht für einen Stadt- und Linienbus, ein „W“ tragen so genannte Schlafbusse, die mit Betten ausgebaut zwischen den Metropolen pendeln und dabei jährlich und 400.000 Kilometer abspulen. Und das ist ein ganz eigener Markt in China, den alle Hersteller bedienen. Gebaut wird, was der Markt verlangt. Und der ist riesig, ein Ende scheint noch nicht in Sicht.

 

 

 

 

 

Young Man Trolleybus - modellbus.info

Young Man baut, was der Markt verlangt: Alois Schriefer und Liu Zhong besichtigen einen ihrer Trolleybusse

 

 

 

 

 

Hier ist es vielleicht der alte Neoplan-Esprit, der hilft, genau das, was der Markt erfordert, zum richtigen Zeitpunkt zu bauen. Und um auch den wachsenden Ansprüchen an die Qualität chinesischer Produkte gerecht zu werden, wurden die Arbeiter bei Young Man systematisch von deutschen Ingenieuren aus Stuttgart und Pilsting angeleitet und geschult. Mehr als 150 Chinesen waren bis zu einem Jahr in Deutschland, um in einem der Neoplan-Werke ausgebildet und trainiert zu werden. Ein guter Preis allein wird Erfolg nicht sichern, das haben viele chinesische Hersteller erkannt. „Auch der Service muss stimmen, hier haben die Chinesen viel gelernt“, berichtet Schriefer.

 

 

 

 

 

Innenraum eines Young Man Starliner - modellbus.info

Auch den Fahrgastraum baut Young Man nach Kundenwunsch aus - hier ein JNP6127KEA

 

 

 

 

 

Das Ergebnis kann sich mehr als sehen lassen: In Asien genießt die Marke Young Man einen ähnlichen innovativen Ruf wie Neoplan hierzulande. Richtungsweisendes Design gepaart mit deutscher Ingenieurskunst. Dieser Ruf eilt Young Man Omnibussen mittlerweile schon weit über die chinesische Mauer voraus, denn Alois Schriefer berichtet von weltweiten Exportaktivitäten. Auf allen Kontinenten seien Young Man Busse mittlerweile im Einsatz. Selbst in Deutschland gibt es schon einen Young Man Omnibus, wie Alois Schriefer nicht ohne Stolz berichtet. Bei der JES Verkehrsgesellschaft fährt ein JNP6122G, ein 12 Meter langer Linienbus. Und der ist nicht nur optisch ansprechend, denn unter dem Blech haben die Chinesen mit Blick auf den deutschen Markt entsprechende Komponenten verbaut: Achsen und Lenkung von ZF, Motor von DAF, Scheibenbremsen von Knorr, das Getriebe von Voith, die Heizung von Webasto. Auch mit den Innenschwenktüren von Bode hat der Young Man viel von dem, was sich deutsche Unternehmer wünschen.

Rüdiger Schreiber

 

 

Anm.: Der Artikel ist eine überarbeitete Fassung meines Artikels aus der Fachzeitung  BUSFahrer 02-2012

((C)Text: Rüdiger Schreiber; (C) Bildmaterial:  Schreiber / Schriefer /Young Man)

 

Impressum, Sitemap, Kontakt