Neoplan XXL-Treffen in Pilsting

 

 

 

Wenn Konrad Auwärter ruft, kommen Besitzer mit ihren rollenden Legenden immer gerne...

 

 

 

Keine Frage, wenn Konrad Auwärter ruft, kommen Massen – nicht nur Menschen, sondern auch Omnibusse. Man darf es ruhig wörtlich nehmen, denn die Omnibusse beim XXL-Treffen waren beeindruckend: Allen voran die Jumbocruiser, die größten Omnibusse schlechthin. Die vier angereisten Giganten wurden gebührend empfangen, denn sie feierten in diesem Jahr ihren 40. Geburtstag – Glückwunsch!

 

 

 

Herzlichen Glückwunsch, Jumbocruiser - gleich vier Exemplare waren zur heimlichen

 Geburtstagsfeier nach Pilsting gekommen. (v.l.n.r.: Der N138/4 von Kurt Seger, der N138/4 der

Treberhilfe; unten: Ronald Röttgens N138/4 und der Schubgelenk-Jumbo von Ginger.

 

 

Ob gemeinsam auf dem Parkstreifen in Pilsting oder allein auf der Landstraße nach Landau: Der größte

Omnibus der Welt ist immer eine beeindruckende Erscheinung.

 

 

 

Es gab aber noch mehr Gründe, Ende August 2015 nach Pilsting zu kommen: 80 Jahre Firma Gottlob Auwärter, 75. Geburtstag von Konrad Auwärter, 50 Jahre Neoplan Doppeldecker und 45 Jahre Skyliner. Allein das ist schon XXL-Busereignis! Wer vor Ort in Pilsting war, der spürte die besondere Atmosphäre. Weggefährten aus allen Epochen hatten sich (wieder)gefunden, um in längst vergangenen Zeiten zu schwelgen.

 

 

 

Alle waren bestens vorbereitet, selbst Petrus feierte mit und schickte Sonnenstrahlen nach Pilsting, ...

 

 

...sodass die Neoplan-Omnibusse, wie hier der Skyliner NH22L, schön glänzen konnten! Der

noch als Zweiachser gebaute Skyliner ist eine der rollenden Legenden von Konrad Auwärter.

 

Der Opa auf Spritztour mit den Enkeln...

 

 

 

Der Skyliner bildete übrigens die Grundlage für den Jumbocruiser: Vom Reisebus-Doppeldecker abgeleitet stellte Neoplan den Doppelstock-Gelenkbus auf der IAA im Jahre 1975 vor. Schon damals beeindruckten dessen Maße: 18m Länge sowie 2,5m Breite und 4m Höhe waren seinerzeit das zulässige Höchstmaß, mehr ging nicht. Trotz seiner Länge betrug der Wendekreis nur 24m. Der Omnibus war als Luxusreisebus für Fernreisen konzipiert. Gut 100 Fahrgäste reisten bei 800 mm Sitzabstand komfortabel mit Küche, Bar und Toilette sowie Clubraum im Nachläufer.

 

 

 

So sah es im Unterdeck des Nachläufers aus: Statt klassischer Sitze eine gemütliche Bar...

 

 

 

Rein theoretisch hätte der Jumbocruiser 144 Gäste zum Feiern nach Pilsting mitbringen können, doch Neoplan lieferte die Fahrzeuge mit maximal 110 Sitzplätzen an die Kunden aus. Bei allen gebauten Jumbocruisern der Mittelmotorbauart war im Nachläufer im Unterdeck eine Bar eingebaut, was zwar Sitzplätze kostete, die Geselligkeit aber enorm förderte.

 

 

 

Der 40-Jahre alte Prototyp neben dem 39-jährigen und 38-jährigen Bruder, ganz rechts der letzte

Jumbocruiser, der auch schon immerhin 24 Jahre jung ist...

 

 

 

Insgesamt wurden von 1975 bis 1991 elf Jumbocruiser gebaut, zehn davon von 1975 bis 1986 mit dem ursprünglichen Konzept der Motoranordnung: Dieser wurde vor und unter dem Gelenk verbaut, so dass ein Übergang nur im oberen Deck möglich war. Der elfte Jumbocruiser wurde auf Kundenwunsch für einen belgischen Betrieb als Schubgelenkbus ausgeliefert – auch er hatte seinen Weg zum Feiern nach Pilsting gefunden.

 

 

 

Der letzte seiner Art: Der elfte Jumbocuiser wurde auf Kundenwunsch für das belgische

Unternehmen Best Tours als Schubgelenkbus im Jahr 1991 gebaut - Neoplan machte es möglich!

 

 

 

Flankiert wurden die Giganten von Omnibussen, die nicht nur bei Neoplan, sondern in der Busgeschichte insgesamt als Meilensteine gelten: Vier Megaliner und zwei Megashuttle fuhren vor, um den XXL-Jubilaren zu gratulieren.

 

 

 

Je einen N128/4 schickten Nies Reisen (übrigens der letzte im Jahr 2000 für den deutschen Kunden HARU

gebaute Megaliner, der seit diesem Jahr zu Nies Reisen gehört), Cannaerts aus Belgien (der die typische Not-Ausstiegstür für Benelux-Staaten im Heckbereich des Oberdecks der linken Seite hat),

 

Ronald Röttgen/Verari Reisen und Konrad Auwärter mit dem Betreiber Josef Albrecht nach Pilsting.

Letzterer war jahrelang als Eventliner für den Stuttgarter Höfbräu im Einsatz.

 

Beeindruckend: Ein Megaliner ist schon beeindruckend, doch vier Megaliner auf einen Streich

sind mehr als imposant. Ganz großes Kino...

 

 

 

 

Für den Linieneinsatz gab es den Megashuttle N 4032/4, hier das Fahrzeug  von Hans Ach, das heute bei der Firma Tempelhofer

 in Berlin für Sightseeingfahrten eingesetzt wird. Es ist der letztgebaute Megashuttle. Daneben ein Gruppenbild mit dem Bruder aus Chemnitz, dem Megashuttle-Prototyp.  Dieser ist heute immer noch seinem Erstbesitzer, der Chemnitzer Verkehrs AG. Seit diesem Jahr ist er wieder zugelassen, wird aber nur noch für Sonderfahrten und nicht mehr im  täglichen Linienverkehr genutzt.

 

 

 

Doch nicht nur ihnen, sondern auch der feierlichen Einweihung eines Denkmals galt der Besuch am Standort des zweiten deutschen Neoplan-Werkes. Neben dem Stammwerk in Stuttgart wurde Anfang der 70er Jahre die Fertigung in Pilsting eröffnet. Die Gemeinde Pilsting enthüllte auf dem Marktplatz das Gottlob-Auwärter-Denkmal. Eine hochragende Büste erinnert nun an Gottlob Auwärter, eine weitere Plastik an den ersten in Pilsting gebauten Omnibus der Marke, einen Neoplan ND6 Typ Hamburg.

 

 

 

Der Enkel von Konrad Auwärter enthüllte die Bronzeplastik des Neoplan ND6, dem ersten in Pilsting gebauten

Omnibustyp des schwäbischen Busherstellers. Der ND6 war der kleinste Vertreter der damals revolutionären Reise-

busbaureihe Typ Hamburg, der Diplomarbeit von Albrecht Auwärter, dem Bruder von Konrad.

 

Josef Hopfensperger Bürgermeister Pilsting würdigte das produktive Schaffen der Familie

Auwärter in Pilsting. Entsprechende Worte für Gottlob Auwärter fanden viel Zuspruch bei

den Anwesenden Gästen zur Einweihung des Denkmals.

 

Das gab es nur am 21.-22. August 2015 auf dem Marktplatz in Pilsting zu sehen: Der original erste in Pilsting

gebaute ND6 hinter den Bronze-Plastiken abgestellt worden.

 

 

 

Das große Vorbild war – ebenso wie der DoLux - vorgefahren, um zusammen mit einem Skyliner NH22L die Ahnengalerie komplett zu machen. Ganz komplett wird das Aufgebot erst, wenn man noch den Telebus und den Jetliner Gelenkbus erwähnt. So viele Neoplan Busse auf einmal hat der Markplatz in Pilsting selbst in der Blütezeit des Neoplan-Werkes wohl nicht gesehen.

 

 

 

Neoplan ND6 und der legendäre Berolina-Sightseeingbus, ein so genannter Do-Lux. Dieser erste Neoplan-

Doppeldecker orientierte sich beim Design am ND6 bzw. der Baureihe Hamburg und brachte damals findige

Unternehmer auf die Idee, sie auch im Reiseverkehr einzusetzen. Beide Omnibusse

sind heute im historischen Fuhrpark von Konrad Auwärter zu finden.

 

Ein Neoplan N 906 Telebus war das Informationsbüro des XXL-Treffens und das Fahrzeug,

das Konrad Auwärter für die Fahrten in Pilsting nutzte, unter Anderem auch, um seine Enkelkinder

zu den Omnibussen des XXL-Treffens zu kutschieren...

 

Von den XXL-Gästen hat nur der Neoplan N 221/3H seine Wurzeln in Pilsting. Obwohl noch mitten in der Restaurierung steckend, hatte der Besitzer Burkhard Ziegler aus Hannover eine völlig stressfreie Anreise nach Pilsting. Zwei Megaliner von Achim Bayer und Hans-Ulrich Scharla mussten leider auf der Anreise wegen technischer Probleme stehen bleiben.

 

 

 

Ehre wem Ehre gebührt, die Omnibussen boten eine würdige Kulisse für die Enthüllung eines Denkmals. Die Plastiken, geschaffen von Josef Paleczek, wurden von den Enkelkindern von Konrad und Christa Auwärter enthüllt und im Anschluss von Pfarrer Simon Karlic gesegnet.

 

 

 

Josef Paleczek schuf die Plastik, die Gottlob Auwärter in Pilsting ehrt.

 

Pfarrer Simon Karlic segnete die Plastik, die ganze Familie von Konrad Auwärter war angetreten.

 

 

 

Der amtierende Bürgermeister Josef Hopfensperger ehrte Gottlob Auwärter als weitsichtigen Mann, der „Neoplan in schwäbischer Manier mit einer gehörigen Portion Risikobereitschaft und vor allem Herzblut zum Erfolg geführt hat“. Hopfensperger würdigte den Erfolg der Firma Auwärter, zeichnete den Aufstieg des Handwerksbetriebes zum weltbekannten und innovativen Omnibushersteller nach. Dieser Aufstieg sei zweifelsohne mit den Namen Gottlob Auwärter verbunden - aber auch seinen Kindern Albrecht, Konrad und Else.

 

 

 

Bayerische Gemütlichkeit: Ein Bier, dazu Blasmusik und schönes Wetter - mehr braucht es fast nicht...

 

Historisches brachte Konrad Auwärter mit, die Gäste mögen nicht nur seine Geschichten, sondern

auch den ihm eigenen spitzbubenhaften Charme...

 

Die ganze Neoplan-Geschichte an den Wänden, das gibt es nur bei Konrad Auwärter...

 

Wo Konrad Auwärter ist, da sind die Monster of Humppa nicht weit -

natürlich reisen sie im Skyliner zu ihren Auftritten...

 

 

 

Und weil geteilte Freude bekanntlich doppelte Freude ist, hatte der Sohn des Geehrten und Firmengründers zahlreiche Neoplan-Freunde und ehemalige Neoplaner sowie Weggefährten eingeladen. Zusammen mit ranghohen Persönlichkeiten aus der Kommunal- und Landespolitik wurde dann das Denkmal enthüllt. So wie es sich in Bayern gehört: Mit viel Tam Tam, und zünftig in Trachten und Lederhose, sowie mit der passenden Musik. Selbstverständlich war auch ein Festzelt aufgebaut, wo man in vertrauter Runde nicht nur über die guten alten Zeiten sprach, sondern bei Bier und Würstel das Denkmal feierte.

 

 

 

"Ungeladener Gast": Die Firma Marx aus Fridolfing hatte vom XXL-Treffen erfahren und drückte ihre Verbundenheit auf eine ganz

eigene Art und Weise aus: Im Kofferraum ihres letzten in Pilsting gebauten Neoplans präsentierte sie mit vielen Fotos die langjährige

Geschäftsbeziehung.

 

Bob Lee, langjähriger Neoplan-Chefingenieur und Geschäftsführer, Konrad Auwärter und Hans-Joachim Pilz,

lange Leiter der Neoplan-Kommunikation und des Marketings sowie unter MAN dann Geschäftsführer für das Privatkundengeschäft und Markenverantwortlicher für Neoplan freuten sich über das Denkmal für Gottlob

Auwärter. Rechtes Foto: Der ehemalige Neoplan-Chef Lee mit Thorsten Wagner, der schon zu Neoplan-Zeiten

 unter Pilz Pressereferent und bis 2011 bei MAN im Busbereich tätig war. Rechts im Bild dann noch Heinz Kiess, Head of Product Marketing High Floor der MAN-Bussparte.

 

 

 

Historisches gab es reichlich am letzten Wochenende im August. Mit der Gründung des Bus-Werks hat Gottlob Auwärter die kleine Marktgemeinde nachhaltig geprägt. 1973 eröffnete Auwärter das Werk in Pilsting, welches 2001 im Rahmen der Übernahme von MAN auch übernommen wurde. Ab 2008 versuchte sich die Viseon Bus GmbH mit der Busfertigung in Pilsting, fünf Jahre später musste das junge Unternehmen aber Insolvenz anmelden. Bis heute wird der Standort immer wieder mit innovativen Omnibussen in Verbindung gebracht, wie Konrad Auwärter betont.

 

 

 

Auch wenn keine Omnibusse in Pilsting mehr gefertigt werden, Werkstatt, Ersatzteilvertrieb und eine Verkaufsmannschaft

haben hier noch ihren Sitz. Der Megashuttle wurde zwar in Stuttgart gebaut, posierte aber trotzdem stolz am Werkstor in Pilsting..

 

Alles eine Frage des Standpunktes: Neoplan lebt, hieß es Ende August in Pilsting. Auf der Ausfahrt nach Landau gab es im

wahrsten Sinne viele bewegende Momente, die an die gute alte Neoplanzeit erinnerten.

 

 

 

Am Nachmittag gab es eine Ausfahrt zum Konrad-Auwärter-Museum in Landau an der Isar. Unterwegs sah man es durchweg strahlende Gesichter, bei Teilnehmern wie Passanten gleichermaßen. Ausreichend Zeit gab es auch für Fotos, auf der Ausfahrt machten die Neoplan-Omnibusse den einen oder anderen Fotostopp. Bei einem schönen Abendessen, zusammen mit der Familie Auwärter, wurde Gottlob Auwärter als weitsichtigem Mann gedacht, der Neoplan in schwäbischer Manier mit einer gehörigen Portion Risikobereitschaft und vor allem Herzblut zum Erfolg geführt hat. Ältere Neoplan-Freunde erinnerten sich, dass der Firmenchef immer sehr beliebt und anerkannt gewesen sei, und er habe immer ein offenes Ohr für die Mitarbeiter und Geschäftspartner gehabt.

 

 

 

Rosine und Gottlob Auwärter

 

 

 

Zu seinem 80. Geburtstag am 6. Juni 1983 war Gottlob Auwärter die Ehrenbürgerwürde der Marktgemeinde verliehen worden. Das Gottlob-Auwärter-Denkmal stehe nicht nur für das wirtschaftliche, sondern auch für das soziale Engagement sowie den Mut und die Courage, so der Bürgermeister. Neben all den prominenten Redner im offiziellen Teil gab es aber auch etwas Persönliches: „An einem grauen Apriltag war mein Vater mit meinem Bruder und mir 1973 nach Pilsting zur Werksbesichtigung gekommen. Mein Bruder und ich waren einstimmig der Meinung, dass der Betrieb zu weit weg von der Zentrale in Stuttgart sei. Der Vater aber, damals 70 Jahre alt, widersprach uns: Was sollen denn die Leute denken? Jetzt sind wir da und haben kein Angebot gemacht!“, so Konrad Auwärter. Neoplan unterbreitete ein Angebot und erhielt den Zuschlag. An das, was folgte, erinnert sich Konrad Auwärter ganz genau:  „Die junge Familie Auwärter, damals drei kleinen Kindern, zog nach Pilsting. Erstmal für ein Jahr, so hieß es.“ Die Familie blieb, was nicht zuletzt auch an der Frau von Konrad Auwärter lag. Ihr sprach er vor den Anwesenden großen Dank dafür aus. Noch ein Grund, um zu feiern.

 

 

 

Konrad Auwärter bedankte sich bei Ehefrau Christa, allein ihre Leistung zu

Neoplan-Zeiten verdiene schon Anerkennung.

 

 

 

Wer Konrad Auwärter kennt, der weiß, dass er sozial und gesellschaftlich engagiert ist und auch die Buswelt wie kein anderer Mensch belebt. Natürlich immer mit dem ihm eigenen spitzbubenhaften Charme. "Meine Familie und ich waren innerlich gerührt über den harmonischen, gelungenen Ablauf nach allen Seiten", merkte Auwärter bei seiner Geburtstagsfeier zur Enthüllung des Denkmals und zum Neoplan XXL-Treffen an. Bei all den Jubiläen der angereisten Neoplan-Omnibusse wäre eine Zahl fast ins Vergessenheit geraten: Konrad Auwärter feiert nach dem XXL-Treffen seinen 75. Geburtstag!

Rüdiger Schreiber

 

 

 

 

 

(C)Text: Rüdiger Schreiber / modellbus.info 

(C) Bildmaterial: Oliver Bürgermeister / Andreas Schneider