| Nicht ohne Omnibus |
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| Seit 100 Jahren ranken sich Mythen und Skandale um die Tour de France. Beim größten Radrennen der Welt fahren seit 20 Jahren auch Omnibusse mit. Hinter ihren abgedunkelten Scheiben verbergen sie das ein oder andere Geheimnis. modellbus.info hat die Jubiläumstour besucht und warf einen Blick hinter die Kulissen der Teambusse der 100. Tour de France. |
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| Aufstellen zur Abfahrt: Die Teambusse kommen noch vor den Radfahrern ins Ziel... |
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| ...stehen in einer eigenen Spur hinter... |
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| ...und haben im Ziel alles vorbereitet. |
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| Gut 1.400 Fahrzeuge - einschließlich der 22 Teambusse - begleiten die Tour de France. Den größten Teil nimmt dabei die Technik ein, die in zwei identischen Einheiten von Ort zu Ort beziehungsweise von Ort zum übernächsten Ort gefahren wird, denn Auf- und Abbau lassen sich bei der Menge nicht in der Kürze der Zeit realisieren. Neben den Teambussen sind zahlreiche Omnibusse für die Beförderung der geladenen Gäste und Organisatoren unterwegs. Weil immer mehr Fahrer des Begleittrosses negativ auffielen und auch immer wieder in Unfälle verwickelt waren, stehen alle Tour-Fahrzeuge unter besonderer Beobachtung der Polizei. Wer zu schnell fährt oder gar ein Verkehrszeichen missachtet, der wird sofort aus dem Verkehr gezogen. So wurde beispielsweise auch ein Fahrer der Werbekaravane mit einem zweitägigen Fahrverbot bestraft. Das bleibt aber meistens im Verborgenen, ganz anders sieht es mit den Fahrern der Teambusse aus. |
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| Teambus bleibt im Ziel stecken |
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| Eine abgedunkelte Fahrerscheibe wäre Garikoitz Atxa mehr als recht gewesen. Seinen ersten Arbeitstag als Teambus-Fahrer des australischen Radsport-Profiteams Orica-GreenEdge wird der Spanier so schnell nicht vergessen. Und Radsport-Fans werden ihn auch nicht vergessen, der weltweiten Live-Übertragung im Fernsehen und den Zeitungen sei Dank. Mit Händen vor dem Gesicht sitzt Garikoitz Atxa am Steuer des grünweißen Scania PB und ist geschockt. Kurz zuvor war er mit dem Teambus über die Ziellinie der 1. Etappe der 100. Tour de France gefahren und stecken geblieben! Eigentlich kein Problem, wenn die Rennradfahrer noch weit genug weg gewesen wären. Zwölf Kilometer sind für die Profi-Sportler aber keine wirkliche Entfernung... |
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Schrecksekunde für die Veranstalter: Ein Teambus steckt in der Zieleinfahrt bei der 1. Etappe fest... |
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| Noch während die Organisatoren die Ziellinie drei Kilometer vorverlegten, kam ein pfiffiger Korse auf die Idee, die Luft aus den Reifen des Omnibusses zu lassen. So konnte die Höhe verringert werden und der Teambus das Ziel freimachen. Die Panne hatte aber ein Nachspiel, auch wenn die Orica-GreenEdge-Mannschaft vehement versicherte, dass das derselbe Teambus wie im letzten Jahr sei und der doch überall durchgekommen wäre. „Nach einem technischen Defekt auf der Strecke kamen wir später am Ziel an als geplant,“ sagt Matt White, der Sportdirektor des Teams, „und hier wurden wir dann ganz schnell durchgewinkt“. Die Verantwortlichen der Tour de France sahen das anders, gaben einzig dem Fahrer die Schuld und sprachen eine Geldstrafe von 1.500 Euro aus. Die Zielüberbauung hätte doch etwas angehoben werden können heißt es, der Busfahrer wäre verpflichtet gewesen, vor dem Durchfahren kurz anzuhalten und die Höhe zu prüfen. |
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| Verwöhnprogramm auf Rädern |
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| „Ich weiß nicht, ob ich jetzt berühmt bin oder nicht. Aber ich fühle mich schrecklich und bin froh, dass niemand verletzt wurde“, sagte Garikoitz Atxa kurz nach der Panne vor den unzähligen Reportern. Nachdem er so im Rampenlicht stand, möchte Atxa keine Details mehr zu seinem Teambus preisgeben. Nur so viel: Es sei ein Verwöhnprogramm auf Rädern. Verglichen mit den Strapazen, die die Radfahrer der Tour de France früher hatten, sei der Teambus von heute für sein Team der Himmel auf Erden. Früher stellte man sich um ein Uhr in der Nacht am Start auf, fuhr auf Rädern ohne Gangschaltung und war auf sich allein gestellt. Reifen mussten selbst geflickt werden, ein Teamfahrzeug mit Ersatzteilen gab es nicht. |
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Alle 22 Teams waren mit einem Teambus während der 100. Tour de France unterwegs |
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| Bei der Tour de France 2013 starteten im Jubiläumsjahr 22 Teams mit jeweils 9 Fahrern. Neben 19 gesetzten ProTeams mit Startrecht bzw. –verpflichtung lud der Veranstalter Amaury Sport Organisation (A.S.O) noch drei Professional Continental Teams ein. Insgesamt starteten somit 198 Rennradfahrer aus 34 verschiedenen Nationen. 169 Radsportler erreichten nach 3.360 km das Ziel in Paris. Hier warteten anlässlich des Jubiläums - mit Ausnahme von Lance Armstrong - alle rund 1.400 noch lebenden Fahrer, die die Tour de France jemals beendet haben. Mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 40,5 Kilometern pro Stunde erreichte Chris Froome vom Team Sky Procycling die Ziellinie rein rechnerisch nach 83 Stunden, 56 Minuten und 40 Sekunden, wäre er rund um die Uhr gefahren. |
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Auch Chris Froome vom Team Sky schätzt den Teambus und die Mannschaft hinter den Kulissen
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| Im Jubiläumsjahr gab es zum ersten Mal auch einen Termin am Abend: Die Schlussetappe nach und in Paris startete erst um 17.00 Uhr, so dass das Ziel auf der Avenue des Champs-Elysees erst kurz vor 22 Uhr erreicht wurde. Außerdem wurde die traditionelle Streckenführung geändert: Die Wende auf der Schlussetappe fand nicht im Zentrum vor dem Triumphbogen statt, sondern führte bis zum Platz Charles de Gaulle. Die Radsportler haben damit erstmalig den Triumphbogen umrundet. So bringt jede Tour de France Neuerungen mit sich, für die Buswelt waren die 80er Jahre wichtig, denn hier sorgte ein Omnibus für Aufsehen. |
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Die Profisportler suchen den Dialog mit ihren Fans und stehen Medienvertretern Rede und Antwort! |
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| Caravane Publicitarie |
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| Für viele Zuschauer sind aber nicht die Omnibusse der Mannschaften interessant, sondern die Fahrzeuge Werbekarawane. Genau wie die Teambusse fahren die zahlreichen skurrilen Fahrzeuge immer vorweg. Bereits seit 1930 schlängeln sich die Werbefahrzeuge über die Etappen der Tour de France und versorgen die Zuschauer mit mehr oder weniger nützlichen Werbegeschenken. Kaum ist das erste Fahrzeug in Sicht, werden die Zuschauer aktiv und strecken ihre Arme in die Höhe. Vom Schlüsselanhänger über riesige Hände aus Schaumstoff bis hin zu Lebensmitteln wie Käse oder Wurst ist alles dabei. Über 20 Kilometer ist die Werbekarawane mit ihren 178 Fahrzeugen von 37 Marken lang, Haribo war beispielsweise mit sechs Fahrzeugen und mit Taschen voller Süßigkeiten für die Zuschauer dabei. Nach Angaben der A.S.O. wurden im Jubiläumsjahr fast 15 Millionen Geschenke an die wartenden Fans verteilt. |
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Serienfahrzeuge mit speziellen Aufbauten oder ein ganz individuelles Design... |
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...2013 gab es insgesamt 178 Fahrzeuge zu bestaunen! |
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Über 20 Kilometer messen alle Werbefahrzeuge hintereinander aufgestellt! |
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| Damit es gesittet zugeht und die Zuschauer bei diesem gut eine Stunde dauernden Spektakel nicht unter die Räder kommen, sind Polizisten auf Motorrädern und sogar Mitglieder der Republikanischen Garde und mehrere Krankenwagen Teil der Werbekarawane. Vor jedem Start werden die individuell gefertigten Fahrzeuge auf mögliche Schäden hin untersucht. Und die Fahrer werden noch einmal darauf hingewiesen, die zuvor festgelegte Höchstgeschwindigkeit für den Streckenabschnitt einzuhalten. Feste Zeiten gibt es ja auch für die Teambusse, wer unterwegs eine Panne hat, versucht die Zeit wieder aufzuholen, so wie der Teambus-Fahrer Garikoitz Atxa von Orica-GreenEdge. |
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| Teambusse gibt es seit den 80er Jahren |
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| Der erste Teambus wurde Anfang der Achtziger bei der Tour de France gesichtet. Um ihn ranken sich zahlreiche Mythen. Mit seiner Werbung soll er seinerzeit für einen gehörigen Skandal gesorgt haben: In großen weißen Buchstaben auf blauem Grund warb der Doppeldecker für die Sauna Diana! Jeder schien zu wissen, dass es sich dabei um ein exklusives Bordell handelte. |
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Der erste Teambus der Tour de France war ein ausrangierter englischer Doppeldecker |
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| Corrie und Frans Siemons hatten die Idee, ihre radsportbegeisterten Söhne John, Marc und Ruud mit einem entsprechenden Fahrzeug zu begleiten. Das Umziehen und Waschen am Pkw sollte ein Ende haben, ein größeres Fahrzeug musste her. Mit Platz zum Kochen, Schlafen und Waschen sowie für die Ersatzteile und den Transport der Räder. Schnell war ein ausrangierter Doppeldecker gefunden, der von den Holländern natürlich mit Werbung für ihre Sauna versehen wurde. |
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| Van Hool baute den ersten neuen Radsport-Teambus |
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| Der Rest ist Geschichte: Der umgebaute Doppeldecker fuhr als Teambus im Tross der Fahrzeuge mit, bot seinerzeit einen unbekannten Luxus und förderte durch die Gemeinsamkeit an Bord den Teamgeist. Das Konzept ging auf, wenig später bestellten Corrie und Frans Siemons für ihre Radsport-Jungen bei Van Hool ein erstes, entsprechend aus- und umgebautes Neufahrzeug. Heute sind die Belgier mit Sonderausbauten eine der gefragtesten Adressen. Rechtzeitig zum Training für die 100. Tour de France wurde ein TX 16 Acron als Teambus für die Radsportler von Lotto Belisol ausgeliefert. |
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Markise raus, Mechaniker ans Rad für den Feinschliff.
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| Vollausstattung und noch mehr |
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| Teamchef Marc Sergeant von Lotto Belisol freut sich sehr über den neuen Mannschaftsbus: "Beim Profi-Radsport ist eine perfekte Umgebung von größter Bedeutung.“ Für modellbus.info öffnen sich die Türen des dunkelblauen Reisebusses, dessen Scheiben wie bei den Teambussen der anderen Mannschaften komplett abgeklebt sind. Neben der Werbung fällt am Acron sofort die große Markise auf. Sie wird vor Ort ausgefahren und bietet den Fahrern sowie dem Material ausreichend Schutz vor Sonne und Regen. Hier machen sich die Profis warm, jeder für sich auf einem Rollenstand und einem Rennrad. Und auch die Mechaniker freuen sich, wenn sie geschützt an den Rennrädern arbeiten können. An der Außenwand gibt es einen Info-Bildschirm mit den neuesten Daten zur Etappe. |
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Waschmaschine, Wäschetrockner und die Stromversorgung sind im Gepäckraum des Van Hool verbaut. |
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...mehr Küche und Serviceangebote bietet nicht einmal das luxuriöseste Wohnmobil. |
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| Komfort und High-Tech an Bord |
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| „Eine hochwertige Multimedia-Ausstattung samt Satellitenempfang ist wichtig, um ganz vorne mitfahren zu können“, so Sergeant. Beim Betreten des Innenraumes fällt sofort auf, dass das kein Reisebus mehr ist: Im vorderen Bereich gibt es nur neun Ledersessel, zahlreiche Fernseher und Lautsprecher. Sportler wie Mitglieder des Teams oder Sponsoren freuen sich gleichermaßen, wenn sie hier sitzen dürfen. Dank einer komplett ausgestatteten Küche muss man sich um kulinarische Genüsse keine Sorgen machen. Nach einer Etappe finden die Radprofis im hinteren Bereich eine extragroße Dusche und einen Massageraum. Ein WC sowie eine Waschmaschine und ein Trockner sind auch mit an Bord. |
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...im hinteren Bereich hat Van Hool eine extragroße Dusche und einen Massageraum eingebaut. |
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...im vorderen Bereich extragroße Komfortsessel. |
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| Der Fahrer ist das A und O |
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| Anlaufstelle für das Team ist der Fahrer, der allseits Unterstützung erfährt. So wie Garikoitz Atxa: Zum einen hat sein Arbeitsgeber die Strafe bezahlt, zum anderen hat ihm das gesamte Team bis zum Ende der Tour vertraut. Denn auch sie wissen, dass es nicht ohne Omnibus geht. |
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| Rüdiger Schreiber |
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Die 22 Teambusse im Jubiläumsjahr der Tour de France 2013 | ||
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Movistar fährt mit einem Irizar die Tour - http://www.movistarteam.com/ |
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Radio Shack Leopard hat einen Mercedes-Benz Travego - http://www.leopardtrek.lu/ |
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Ag2r La Mondiale setzt einen Neoplan Tourliner ein - http://www.cyclisme.ag2rlamondiale.fr/ |
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Cofidis Solutions Credits ist mit einem VDL Magiq unterwegs - http://www.equipe-cofidis.com/ |
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Belkin hat für die Mannschaft einen VDL Jonckheere bereitgestellt - http://www.teambelkin.com/ |
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Katusha ist mit Irizar unterwegs - http://www.katushateam.com/ |
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Team Sky setzt auf einen Mannschaftsbus von Volvo - http://www.teamsky.com/ |
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Garmin Sharp begleitet die Tour mit einem MAN - http://www.slipstreamsports.com/ |
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Euskaltel hat einen Sideral von Sunsundegui - http://www.euskalteleuskadi.com/eus/ |
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Sojasun setzt auch auf Volvo als Teambus - http://www.equipe-sojasun.com/ |
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Saxo-Tinkoff fährt mit einem MAN-Teambus - http://teamsaxotinkoff.com/ |
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Wieder ein Irizar, diesmal für Argos-Shimano - http://www.1t4i.com/ |
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Das Team Lotto Belisol fährt mit Van Hool - http://www.lottobelisol.be/nl/home-1.htm |
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Der bekannteste Bus der Tour: Der Irizar von Orica GreenEdge - http://www.greenedgecycling.com/ |
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Einen Noge setzt Astana als Teambus ein - http://proteam-astana.com/en/ |
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Cannondale Pro Cycling fährt auch mit MAN - http://www.cannondale.com/deu/ |
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Omega Pharma Qucik Step ist mit einem Van Hool unterwegs - http://www.omegapharma-quickstep.com/ |
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Auch die Mannschaft BMC setzt auf Van Hool - http://www.bmcracingteam.com/ |
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Lampre-Merida hat einen MAN-Teambus - http://www.teamlampremerida.com/en/ |
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FDJ.fr setzt auf einen VDL Magiq - http://www.equipecyclistefdj.fr/ |
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Wieder ein Irizar, diesmal für die Mannschaft von Europcar - http://www.bmcracingteam.com/ |
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Vacansoleil-DCM war mit einem VDL Jonckheere auf Tour - http://www.vacansoleildcm.fr/ |
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Anm.: Der Artikel ist eine überarbeitete Fassung meines Artikels aus der Fachzeitung BUSFahrer 03-2013
(C)Text: Rüdiger Schreiber (C) Bildmaterial: Jean-Marc Durand / Rüdiger Schreiber / Van Hool / Bertie Willemsen
Vielen Dank für die Unterstützung an... Amaury Sport Organisation (ASO), Jean-Marc Durand, Dirk Snauwert, Bertie Willemsen, Nicolai Galitch und alle Teams der Tour de France 2013 !
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